Ein Klient von mir hatte schon lange mit starken Selbstzweifeln zu kämpfen. Er träumte seit Jahren davon, vor Menschen zu sprechen – eine kleine Präsentation auf der Arbeit zu halten, seine Idee vorzustellen. Wochenlang hatte er sich vorbereitet, alles geübt. Am Tag der Präsentation rief mich seine Kollegin an: Er habe sich krankgemeldet, könne nicht kommen.

Ich fuhr zu ihm. Er saß zu Hause auf dem Sofa, bleich, mit Herzklopfen. „Ich schaff das nicht“, sagte er. Ich bat ihn, kurz mit mir spazieren zu gehen, und sagte dann:
„Wenn du dir jetzt erlaubst, abzusagen, wird es beim nächsten Mal noch schwerer. Dein System merkt sich: Wenn Angst kommt, darf ich fliehen. Und dann wird Rückzug zur Gewohnheit. Aber wenn du heute gehst, trotz der Angst – dann lernst du, dass du stärker bist als dieses Gefühl.“

Er hat sich angezogen, ist ins Büro gefahren – und hat gesprochen. Die Stimme war anfangs zittrig, aber dann kam der Moment, in dem er lächelte, weil er merkte: Ich kann das.

Am Abend schickte er mir ein Foto: Er stand mit seinem Team lachend zusammen, ein Glas in der Hand, sichtbar erleichtert.
Dazu schrieb er:
„Ich bin froh, dass ich nicht gekniffen habe. Ich hätte sonst ewig gedacht, ich kann das nicht.“